Die Geschichte der Kirchengemeinde St. Michael

Ursprung der Kirche

Urkundlich ist eine Pfarrkirche in Weiden erstmals 1341 erwähnt. König Johann von Böhmen schenkt in diesem Schreiben dem Kloster Waldsassen das Besetzungsrecht (Einsetzen von Pfarrern) der Pfarrkirche. Ob es sich nun hierbei um eine neuerrichtete Kirche oder eine bereits bestehende handelt ist heute unklar. Bei Grabungen 1964 wurden Überreste einer Vorläuferkirche eben aus dieser Zeit gefunden. Beim großen Stadtbrand 1396 wurden auch große Teile der Kirche, die damals noch Maria und dem Erzengel Michael geweiht war, zerstört. Die Instandsetzung begann 1400. Das eingelassene Datum 1448 über dem Westportal zeigt wahrscheinlich an, dass seit diesem Jahr die Kirche wieder für Gottesdienste zur Verfügung stand, eingeweiht wurde sie jedoch erst am 22. Januar 1469.

Einzug der Reformation

Die Reformation prägte Weiden schon früh. 1517 soll Martin Luther in Wittenberg seine 95 Thesen an die Schlosskirchentür geschlagen haben, bereits fünf Jahre später kam das neue Gedankengut in Weiden an. Der Weidener Geistliche Johann Weber setzte sich für die Ideen Luthers ein. Magister Johannes Freisleben verfasste in Elbogen (Böhmen) die wohl erste lutherische Gottesdienstordnung und brachte diese 1522 mit nach Weiden. Nach einer Untersuchung durch den Rat der Stadt auf Anordnung des Landesfürsten stellte sich heraus, dass die Bürgerschaft gänzlich hinter der lutherischen Lehre stünde, worauf ein länger andauernder Disput mit der kirchlichen Leitung in Regensburg folgte. Mehrere Geistliche wurden nach Weiden versetzt, sie alle folgten Luthers Lehren. Erst 1542 trat der Landesfürst Pfalzgraf Ottheinrich  von Neuburg zum protestantischen Glauben über, so dass die Reformation ihren Weg nach Weiden endgültig gefunden hatte.

Während der Zeit des Dreißigjährigen Kriegs

1620 zog aufgrund von veränderten Herrschaftsverhältnissen die Gegenreformation in Weiden ein. Der belgische Jesuit Simon de Labricq sollte die Weidener wenn nötig mit Gewalt von der Irrlehre abbringen oder sie aus der Stadt weisen. 1627 fand so das erste feierliche Hochamt in St. Michael statt. Fortan wurden Besucher des evangelischen Gottesdienstes (Man musste nach Sulzbach gehen.) bedroht. Ebenso wurden diejenigen, die an katholischen Feiertagen weiterhin arbeiteten mit Geldstrafen belegt. Die „Erfolgsquote“ der Gegenreformatoren lag nach 15 Monaten erst bei 50 Gläubigen. 1634 mussten die Jesuiten aus Weiden abziehen, die Schweden hatten die Stadt besetzt. Nach einer Plünderung durch die kurbayrischen Truppen kehrten die Jesuiten zurück, so war gegen Kriegsende 1648 nur noch eine Minderheit der Bevölkerung protestantisch. Ihnen waren Gottesdienste jedoch weiterhin verboten. Pfingsten 1648 fiel die Stadt wieder in die Hände der Schweden und der katholische Rat der Stadt wurde durch einen protestantischen ersetzt. Mit den Schweden kam Tobias Clausnitzer als Feldgeistlicher nach Weiden. Er blieb bis 1684 als Pfarrer und Kirchenrat an St. Michael. Von ihm stammt das Lied „Liebster Jesu, wir sind hier, dich und dein Wort anzuhören“ (1663; Evangelisches Gesangbuch Nr. 161) und das Liedes „Herr Jesu, deine Angst und Pein“ (1662; Evangelisches Gesangbuch Nr. 89, dort eine Bearbeitung), sowie eine Vertonung des Glaubensbekenntnisses („Wir glauben all an einen Gott“; 1668), das sich nicht im Gesangbuch befindet (nur im Regionalteil des Gesangbuchs der Ev.-luth. Landeskirche Sachsens Nr. 779). 1652 wurde festgelegt, dass die Kirche St. Michael als sogenannte Simultankirche von beiden Konfessionen benutzt werden soll.

Die Zeit des Simultaneums

Die gemeinsame Benutzung einer Kirche forderte natürlich die beiden Konfessionen heraus in Dialog miteinander zu treten, dennoch ist von Ökumene in den fast 350 Jahren des Simultaneums kaum eine Spur. Gerade in den ersten 100 Jahren war das Verhältnis geprägt von Anfeindungen und sogar von einer Schlägerei während einer evangelischen Trauerfeier wird berichtet. Erst der Einsturz des Turmes 1759, bei dem einige Menschen zu Tode kamen, beruhigte das Verhältnis zwischen den Gläubigen der beiden Konfessionen. Der Aufbau wurde als gemeinsame Arbeit gesehen. Im 19. Jahrhundert spielte sich das Zusammenleben so sehr ein, dass man von einem friedlichen Verhältnis sprechen kann. Aufgrund der stark gewachsenen katholischen Gemeinde war der Platz in St. Michael nicht mehr ausreichend, die evangelischen Christen jedoch benötigten keinen Erweiterungsbau, so entschieden sich die Katholiken für einen Neubau. St. Josef entstand. Am 11. November 1900 fand die letzte katholische Messe in St. Michael statt.

Aus der Zeit des Simultaneums stammen auch die beiden Häuser am Pfarrplatz. Beide wurden als Pfarrhäuser der evangelischen und katholischen Pfarrer gebaut. Heute sind im größeren Haus, Pfarrplatz 6, auch das Pfarramt St. Michael und das Dekanatsbüro untergebracht. Im kleineren Haus befindet sich der sogenannte „Betsaal“, ein kleinerer Raum für Versammlungen verschiedener Art.

Das neue protestantische Weiden

Durch die Ansiedlung von verschiedenen Unternehmen in Weiden und der damit verbundene Bevölkerungszuwachs stärkte auch die evangelischen Vereine. So wurde 1927 das Evangelische Vereinshaus des Männer- und Jünglingsvereins eingeweiht. Es wurde in wirtschaftlich schwieriger Zeit mit den Spenden der Vereinsmitglieder und weiterer Weidener gebaut. Heute gehört es der Kirchengemeinde. Mit seinem großen Saal ist es ein herausragendes Gebäude in der Stadt Weiden. Außerdem sind in diesem Gebäude die Verwaltungsstelle Sulzbach-Weiden (gemeinsame Verwaltung der Dekanate Weiden und Sulzbach-Rosenberg) und die Evangelische Jugend im Dekanatsbezirk Weiden untergebracht. Anfang der 1970-er Jahre wurde das Gemeindezentrum „Kreuz Christi“ im Stadtteil Stockerhut erbaut, das nicht nur als zusätzlicher Gottesdienstort sondern vor allem als Ort eines blühenden Gemeindelebens bis heute dient. Neben Kirchenraum und Gemeinderäumen hat in diesem Zentrum auch der evangelische Kindergarten Kreuz Christi ein Haus gefunden. Zeitgleich wurde St. Markus im Hammerweg, das bis dahin zu St. Michael gehört hatte, selbständig. 1980 wurde ein weiteres Gemeindezentrum eingeweiht, das Martin-Schalling-Haus am Rehbühl. Auch hier stehen neben einem Gottesdienstraum Gruppenräume zur Verfügung, in die die Gemeindeglieder verschiedenste Aktivitäten durchführen. Danach erst wurde das Gemeindezentrum Weiden-Ost erbaut, das neben einer Pfarrwohnung Gemeinderäume für den östlichen Teil der Stadt bietet. Diese vielen Gebäude sind die Folge eines Konzeptes, das in den Jahrzehnten nach dem Krieg in unserer Kirche verfolgt wurde: Das Gemeindeleben sollte nicht auf eine Zentralkirche beschränkt sein, sondern in kleineren Einheiten dort stattfinden, wo die Menschen leben. Heute ist das natürlich auch eine große Aufgabe, den Erhalt der Gebäude zu sichern.